Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen für ein Gesetz zur Deckelung der Abschlussprovisionen von Lebensversicherungen und von Restschuldversicherungen
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir bedanken uns für die Gelegenheit, zum o.g. Referentenentwurf Stellung nehmen zu dürfen. Diese nutzen wir gerne und nehmen dabei ausschließlich Bezug auf die vorgeschlagene Deckelung der Provisionen beim Abschluss von Lebensversicherungen.
Vorweg wollen wir darauf hinweisen, dass es, anders als in Ihrem Anschreiben an die Verbände vom 18. April 2019 dargestellt, im Evaluierungsbericht zum LVRG – zumindest für die Lebensversicherung – lediglich einen vagen Hinweis auf einen Provisionsdeckel als Teil eines Maßnahmenpaketes gibt. Auch stellen wir uns die Frage, wer, wie von Ihnen erwähnt, dieses Maßnahmenpaket und mit diesem einen Provisionsdeckel beschlossen haben soll? Der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages hat dies seinerzeit nur zur Kenntnis genommen. Eine politische Einigung der großen Koalition in dieser Frage gibt es nicht. Anders wäre auch der geschlossene Widerstand der Finanzpolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gegen den jetzt vorgeschlagenen Provisionsdeckel für die Lebensversicherung nicht zu erklären.
Der Provisionsdeckel wird übergeordnet damit begründet, dass alle am Lebensversicherungsgeschäft Beteiligten aufgefordert sind, einen Beitrag zur langfristigen Stabilisierung des Systems der Lebensversicherung zu leisten. Wir sind der Auffassung, dass die Politik dieses Ziel an den Wurzeln angehen sollte. Und die sind die seit Jahren niedrigen Zinsen, für die die Vermittler keine Verantwortung tragen. Hingegen ist es nach unserem Verständnis nicht Aufgabe der Politik, an den Ursachen vorbei in Kostenstrukturen und in die Preisbildung einzugreifen.
Wir sprechen uns deshalb gegen einen Provisionsdeckel aus.
II. Unsere Hinweise und Forderungen in Kurzform
- Als Begründung für das Gesetzesvorhaben wird maßgeblich auf die niedrigen Zinsen in Verbindung mit hohen Garantien (LVRG) abgestellt. Davon ist die fondsgebundene Lebensversicherung eindeutig nicht betroffen. Wir fordern deshalb, hier die Provision nicht zu deckeln.
- Generell ist das Neugeschäft nicht betroffen, da der Rechnungszins nur noch bei 0,9 Prozent liegt. Die Begründung des Gesetzesvorhabens läuft also auch hier ins Leere.
- Die Rendite für den Kunden würde sich durch einen Provisionsdeckel allenfalls minimal verbessern und geht deshalb an der eigentlichen Intention vorbei. Im Gegenteil: Durch die Komplexität der geplanten Regelungen und die dadurch bei Versicherern und Vermittlern entstehenden Kosten würde sich die Rendite sogar verschlechtern.
- Es gibt in der Branche keine empirisch nachweisbaren Missstände, hingegen vielfältige Regelungen und Aktivitäten zur Gewährleistung von Beratungsqualität und zur Vermeidung von Interessenskonflikten. Ein Provisionsdeckel ist deshalb unverhältnismäßig und geht deutlich über die Forderungen der IDD hinaus.
- Die Einkommenseinbußen für Vermittler durch die Umsetzung des LVRG sind signifikant. Wie hoch soll der Beitrag der Vermittler noch sein und wer legt das fest?
- Die gesetzliche Definition von Qualitätskriterien und die Vorschriften zu deren Messung negieren den Umstand, dass erst im Jahr 2017 über die IDD die Versicherer in die Eigenverantwortung genommen wurden.
- Die vorgesehenen Verfahren zur Abrechnung von Dienstleistungen und Bestandspflegemaßnahmen sind nicht praktikabel und kostenintensiv. Wir fordern eine Beibehaltung des bewährten Systems der Vergütung über Provisionen.
- Die Begrenzung der Beitragszahlungsdauer auf 35 Jahre wäre ein zusätzlicher Deckel durch die Hintertür und würde Vermittler, die junge Menschen zur Altersvorsorge beraten, bestrafen. Wir lehnen diese Regelung ab.
- Wer Provisionen deckelt und somit de facto die Anzahl der Vermittler reduziert, entzieht dem Markt Beratungsangebot und schwächt so das zukünftige Alterssicherungsniveau in der Bevölkerung. Die Bürger-/innen brauchen dringend Beratung, gerade in der Altersvorsorge.
- Ein Provisionsdeckel ignoriert – ohne jede Notwendigkeit – das wesentliche Ordnungsprinzip einer sozialen Marktwirtschaft, nämlich die freie Preisbildung.
- Er verstößt gegen Grundrechte (Berufs- und Gewerbefreiheit, Gleichbehandlungsgrundsatz).
- Ein Provisionsdeckel würde zu Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der Lebensversicherung und der auf Provisionsbasis arbeitenden Vermittler führen.
- Die Einkommenseinbußen aus einem Provisionsdeckel würden eine für den Mittelstand bedeutende Berufsgruppe gefährden und den dort seit Jahren stattfindenden Strukturwandel verschärfen.
- Ein Provisionsdeckel würde den Verbraucherschutz verschlechtern, weil Versicherungen durch künstlich aufgebaute Administration teurer würden und die Vergütungen intransparenter. Außerdem entstünden durch ihn ganz neue Möglichkeiten für Interessenskonflikte.
Lesen Sie hier unsere ausführliche Stellungnahme sowie unsere 25 Argumente gegen einen Provisionsdeckel.