Versicherungsmakler, Versicherungsvertreter und Finanzvermittler werden konfrontiert mit abschmelzenden Einnahmen durch gesetzliche Regelungen und ansteigenden Kosten durch Regulatorik und Administration. Betrachtet man diese beiden Effekte und die Vielzahl der dahinter stehenden Maßnahmen, dann muss man sich berechtigte Sorgen um den Berufsstand machen. In Teil 3 unserer Interviewreihe nehmen die BDV-Vorstände Friedrich Bohl und Dr. Helge Lach Stellung zur Marktlage des freien Vertriebs:
Die Anzahl der Versicherungsvermittler nimmt signifikant ab. Liegt es am Einkommen?
Dr. Helge Lach, stellvertretender Vorsitzender des BDV: „Auch. Die Vergütungen sind ja in vielen Bereichen unter Druck. Die Abschlussprovision in der Krankenversicherung wurde gedeckelt, die in der Lebensversicherung über das LVRG abgesenkt bzw. in ratierliche Modelle umgewandelt. Bei der Geldanlage setzen immer mehr Anleger auf ETFs, für die es keine Ausgabeaufschläge gibt. Und in der Baufinanzierung bekommen Vermittler das Geschäft bei der Bank oft nur dann untergebracht, wenn Teile der Provision zur Stützung der Konditionen eingesetzt werden. Auf der anderen Seite steigen die Kosten der Vermittler, vor allem durch immer mehr Regulierung. Unter dem Strich bleibt dann immer weniger übrig, was natürlich den einen oder anderen zur Aufgabe zwingt. Trotzdem gibt es immer noch viele Vermittler, die sehr erfolgreich arbeiten. Die meisten unserer Verbandsmitglieder profitieren davon, dass sie im Produktangebot als Allfinanzberater sehr breit aufgestellt sind und insoweit viele Einkommensmöglichkeiten haben. Außerdem bietet der Anschluss an eine professionelle Vertriebsgesellschaft den Vorteil, auf der Kostenseite stark entlastet und im Vertrieb hochprofessionell unterstützt zu werden. Für kleine Einzelkämpfer wird es in jedem Falle immer schwerer.“
Beim europäischen Altersvorsorgeprodukt „PEPP“ und beim Riester-Standardprodukt soll es einen generellen Kostendeckel in Höhe von einem Prozent geben? Was halten Sie davon?
Friedrich Bohl, Kanzleramtsminister a. D. und Vorsitzender des BDV: „Die Grundidee des PEPP ist nicht schlecht, da es heute nahezu unmöglich ist, private Altersvorsorgeprodukte innerhalb der EU zu übertragen. Das betrifft aber nur einen sehr kleinen Teil der Bürger, nämlich diejenigen, die ihr Arbeitsleben in mehreren Ländern der EU verbringen. Anders als in anderen Staaten gibt es in Deutschland eine Vielzahl staatlich geförderter Altersvorsorgeprodukte. Der Grundgedanke, gar nicht so sehr auf das PEPP zu schauen, sondern Riester zu vereinfachen, ist deshalb genau richtig. Ein im Raum stehender Kostendeckel in Höhe von einem Prozent geht aber völlig an den Realitäten vorbei. Damit ließen sich nach heutigem Stand noch nicht einmal die
Verwaltungskosten decken. Selbst wenn dies gelänge, wäre kein Cent mehr für Beratung und Vermittlung verfügbar. Wer bitte soll dann bei den Bürgern den Bedarf wecken, das Produkt erklären, bei der Vermittlung durch Ausfüllen der Formulare unterstützen und während der Laufzeit jedes Jahr dabei helfen, die volle Zulage zu erhalten? Es erstaunt nicht, dass diejenigen, die einen solchen Kostendeckel fordern, genau die sind, die für Riester ein Obligatorium oder am besten gleich einen Staatsfonds haben wollen. Es geht hier also nur vordergründig um eine Kostendiskussion. Dahinter steckt die Systemfrage: Gibt es zukünftig überhaupt noch eigenverantwortliche private Altersvorsorge?“
Angenommen, eine neue Bundesregierung verstaatlicht tatsächlich die private Altersvorsorge. Welche Konsequenzen hätte dies für die freien Vermittler?
Dr. Lach: „Im Durchschnitt beläuft sich der Anteil der Einnahmen eines Vermittlers aus dem Bereich Lebensversicherung heute auf 30–40 %. Über diese Größenordnung reden wir, wenn es um die private Altersvorsorge geht. Es gibt aber viele andere Bereiche, in denen die Bürger dringend die Hilfe eines Beraters benötigen. Zum Beispiel bei den vielfältigen Fragestellungen der Absicherung einer jungen Familie, bei der Finanzierung und Versicherung von Immobilien, bei der Geldanlage oder bei der Frage, welchen Versicherungsschutz man in welcher Größenordnung in welcher Phase des Lebens benötigt. Dazu kommen vielfältige Serviceleistungen wie Schadenregulierung, Vertragsanpassungen oder eine generelle Neuordnung vorhandener Verträge. Es stellt sich also nicht die Frage, ob Vermittler benötigt werden. Die Frage wird sein, wie deren wertvolle Arbeit vergütet werden kann. Im Vorteil ist ganz sicher ein Vermittler, der viele Einkommensquellen hat. Auch werden sich die Versicherer und die Banken etwas einfallen lassen müssen, um sicherzustellen, dass ihre Vermittler genug verdienen, um ihre Arbeit mit Freude und kundenorientiert auszuüben. Am Ende bezahlt das aber dann doch alles der Kunde, egal wie man es dreht und wendet. Ein signifikanter Ausfall von Einnahmen aus dem Bereich Altersvorsorge müsste also gegebenenfalls durch höhere Einnahmen aus anderen Bereichen kompensiert werden. Aber ganz so weit kommt es ja vielleicht auch gar nicht. Wir setzen uns in jedem Falle mit ganzer Kraft für eine Altersvorsorge ein, die auf drei Säulen steht: Der besonders starken Säule der gesetzlichen Rente und dazu privatwirtschaftlich organisierte betriebliche und private Vorsorge. Alles andere wäre der Stabilität des Gesamtsystems nicht zuträglich.“
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